Squarecode
Regen. Zu allem Überfluss. Zuerst verschlafen, falsches Dress raus gelegt, Make up versiebt und dann zum wichtigsten Vorstellungsgespräch, dass nur möglich war, um es erfolgreich in den Sand zu setzen. Ideale Grundvoraussetzungen für einen Abend mit der Weinflasche.  Der Regen war nun der krönende Grund.
Völlig entnervt setzte sie sich auf den Sitz im Wartehaus der Bushaltestelle. Schnell das Smartphone aus der beigen Lederhandtasche gezogen. Dann wurde der Frust in den Touchscreen gehämmert. Der Bus kam eh erst in fünfzehn Minuten.
"Wochenlang hab ich mich vorbereitet. Wochenlang alles durch den Kopf gehen lassen und dann verkack ich alles", fluchte sie leise vor sich hin.
Unruhig ging der rechte Fuß auf und nieder. Viel zu hohe Absätze erzeugten ein klackendes  hämmern, wie von einem Steinmetz.
Seit fünf Minuten war der Status bei Facebook online.
Keine Kommentar.
Nicht mal ein Emoticon.
Mit von Gloss leuchten, geschürzten Lippen steckte sie das Smartphone wieder weg.
"Heute ist so ein Tag, da will man sich einfach nur noch zu kippen."
Die Augen geschlossenen, legte sie den Kopf in den Nacken.  Lautes Seufzen folgte. In der Tasche vibrierte das Smartphone. Erstaunlicherweise war es ihr grade egal.  Wer auch was geschrieben hatte, es konnte warten. Trost würde es nun eh nicht mehr spenden, da alles zu Bruch gegangen war. Die begehrte Stelle bei Restless Media, auf die sie schon seit Monaten scharf war. Das ganze Ensemble an Klamotten war eigens für das Vorstellungsgespräch geholt wurden. Gut, von ihrer Schwester, die glücklicherweise dieselbe Größe hatte. Dennoch, der Gedanke zählte.
Sie musste laut lachen. Das war der letzte Spruch vom Team Coach gewesen, garniert mit einem freundlichen Lächeln das förmlich "Leck mich am Arsch" schrie.
Sie öffnete wieder die Augen. Vergilbtes Licht, Spinnenweben, tote Insekten und eine kleine, silberne Plakette.
"Hm?", entglitt es ihr.
Mit gerunzelter Stirn sah sie den kleinen Aufkleber an. Ein Squarecode, wie man sie inzwischen überall fand. Dämliche Werbung, die neugierig machen sollte. Eigentlich brachte man die aber offensichtlicher an. Nicht versteckt hinter einer Lampe, verborgen vom Dreck an einer Haltestelle.
Ohne dass sie auch nur darüber nachgedachte hatte, befand sie ihr Smartphone schon in der Hand. Die Decoder-App aktiviert.
Lachend scannte sie den Code ein. Sekundenbruchteile später öffnet sich ein Fenster mit einer Nachricht.
Rot auf Schwarz.
Irling Straße 4 - Unter dem Mülleimer an der Laterne!
Verwirrt sah sie auf. Statt einer Seite mit Werbung, öffnete sich nur der Link mit Text. Neugierig sah sie sich um.
Die Irling Straße war nur ein paar Meter von der Haltestelle entfernt. Man konnte sogar den Mülleimer sehen. Im Gegensatz zum Bus.
Ohne zu zögern stand sie auf, stakste durch den Regen zum festmontierten Eimer.
"Wenn das nur ein bescheuerter Witz ist", murmelte sie.
Vorsichtig ging sie in die Hocke. Mit der linken hielt sie sich fest, mit der rechten unter dem Eimer.
Ping.
Die App decodierte wieder etwas.
Grinsend richtete sie sich auf. Eine neue Seite, mit einer neuen Nachricht.
Blau auf Schwarz.
Taverstraße 33 - Unter dem Mülleimer an der Laterne!
Unter der Nachricht hoppelte ein weißes, animiertes Kaninchen.
"Wollen die mich verarschen? Als ob ich jetzt jeden Mülleimer abklappere."
Motorendröhnen erklang. Schnell lief sie wieder zur Haltestelle.  Im Bus genoss sie die vermeintliche Wärme.
"Taverstraße", murmelte sie leise vor sich hin, während Sie im Vorbeifahren zu dem Mülleimer sah.
Vielleicht war das so eine bescheuerte Geotracking Schnitzeljagd. Dämliche Studentenunterhaltung, für gelangweilte Nerds.
Minutenlang brütete sie darüber nach, wer sich den dummen Spaß erlaubte. Aus welchem Grund er sich die Mühe machte.
"Nächste Haltestelle Taverstraße", dröhnte es aus der automatischen Ansage.
Langsam bog der Bus in eine belebte Straße ein. Kleine Läden, Cafés, Menschen.
"Nein", sagte sie leise zu sich selbst "das machst du jetzt nicht."
Auf ihrer Seite waren die ungeraden Hausnummern. Grade passierte sie die 11.
Unwillkürlich begannen ihre Finger auf der Armlehne zu trommeln.
"Ey", stöhnte sie leise.
Hausnummer 23.
Von hydraulischem Zischen begleitet gleichte der Bus die Schräglage wieder aus, während sich die Türen schlossen. Dann setze er seine Fahrt fort.
Sie rannte im strömenden Regen zum Mülleimer an der Laterne vor Hausnummer 33.
Ein schneller Griff in die Tasche.
Kurz verrenkt.
Die App entschlüsselte den nächsten Code. Einige Leute sahen sie kurz an, gingen dann aber weiter ohne ihr Beachtung zu schenken. Unter einem Rollladen sah sie auf das Handy.
Grün auf Schwarz.
Mühlenweg 17 - Unter dem Mülleimer an der Laterne!
Darunter wieder ein animiertes, weißes Kaninchen, das auf ein Licht zulief.
Schnaubend unterdrückte sie den Fluch, der ihr auf den Lippen lag. Sie kannte den Stadtteil. Es war nicht weit. Bevor sie den ersten Schritt tat, schüttelte sie allerdings den Kopf. Das war entschieden zu blöd. Wer wusste wie viele von den Scherzen noch kamen, nur damit am Ende ein lachender Smiley erschien.
Gefrustet ging sie wieder zur Haltestelle hinüber, um dieses Mal nach Hause zu fahren. Ständig fragte sie sich, wieso sie den Codes überhaupt gefolgt war. Dämlicher Nerdspass oder sonst was. Wahrscheinlich lag es am eh beschissenen Tag, dass man sich zu sowas hinreißen ließ.
Erst das anklagende miauen in ihrer Wohnung riss sie aus den Gedanken.
"Ja, ist ja gut Julchen, ich weiß dass du Hunger hast", sagte sie entschuldigend.
immer wieder ging ihr der ganze Tag durch den Kopf. Was alles schief lief, was sie hätte besser machen können und die dämliche Mülleimerjagd. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie schon zuhause war.
Katze versorgt. Weinflasche entkorkt. Smartphone bereit, angeschlossenes Ladekabel. Ab auf die Couch. Der Abend konnte beginnen.
Soziale Netzwerke als Kummerkasten, MeMes zur Aufheiterung, deren Unterhaltungsgrad mit dem Alkoholpegel stieg, sowie eine satte Katze auf dem Schoss machten alles erträglicher.
Während die rechte Hand immer neue Kommentare ins Netz hackte, versorgte die linke den Körper mit Wein.
Kurz vor Mitternacht. Die Flasche war fast leer, sämtliche Chats voller Smileys. Zeit für das Bett. Kurze Verabschiedung inklusive weiterer Smileykolonnen, dann war Schluss.
Einige Sekunden lang resümierte sie den Tag noch einmal. Der letzte Schluck wurde hinab gekippt, während das Smartphone weggelegt wurde.
"Komm Julchen, Schlafenszeit."
Vibrierend gab das Smartphone einen Ton von sich.
Eine neue Nachricht.
Neugierig aktivierte sie den Bildschirm.
Grün auf Schwarz.
Mühlenweg 17 - Unter dem Mülleimer an der Laterne!
"Hä, was?!"
Verwirrt sah sie ihr Smartphone an. Drückte die Nachricht weg und deaktivierte es.
"Was soll das denn?"
Ohne weiter darüber nachzudenken legte sie sich ins Bett.
-
Am nächsten Tag wachte sie mit zwei Katzen im Bett. Zum Glück war Sonntag. Fix gewaschen, Katerfrühstück, ab auf die Couch und Fernsehberieselung. Das Smartphone fuhr bereits hoch.
Mehrere neue Nachrichten waren während der Nacht eingegangen.  Darunter ein Dutzend mit Grün auf Schwarz.
"Was zum? Die haben mir ja stündlich eine gesendet", dachte sie laut.
Auf die Sekunde genau, im Stundentakt eine neue Nachricht. Langsam wurde ihr mulmig, könnte Sie sich doch ein Virus eingefangen haben.
Bei den Verrückten, die sich im Netz tummelten konnte heute alles passieren. Vorsichtig positionierte sie das Gerät auf der Couch um dann Fern zu sehen. Ohne großen Erfolg. Immer wieder sah sie zu dem Smartphone. Nur noch wenige Minuten, bis die Stunde wieder vorbei war.
Mit einer Mischung aus Neugier und Nervosität nahm Sie es in die Hand.
Chatverläufe durchgesehen. Facebook an, Facebook aus.
Nur noch wenige Sekunden.
Etwas surfen nebenbei. Eine neue Nachricht.
Grün auf Schwarz.
Mühlenweg 17 - Unter dem Mülleimer an der Laterne!
"Fuck was soll das?", entfuhr es ihr.
Bis zum Nachmittag wiederholte sich das Prozedere mehrmals. Sie hatte keinen Schimmer, wer oder was ihr da dauernd die Nachrichten schickte und vor allem wieso. Wenn es wirklich ein Virus war, würde sie Morgen zum Handy Doc gehen, damit der es runter wirft. Nie wieder würde so einen Schwachsinn mitmachen. Einfach irgendwas einscannen. Irgendwas runterladen. Auch wenn es in ihr brannte, heraus zu finden, was es mit allem auf sich hatte.
Das Wetter war eigentlich gar nicht so schlecht.
Klamotten übergeworfen, Julchen versorgt und Schuhe an. Etwas frische Luft würde ihrem Kopf gut tun. Der Mühlenweg war auch nicht so weit weg.
Eine gefühlte Ewigkeit lang betrachtete sie den Mülleimer. Natürlich war sie zum Mühlenweg gegangen. Sie konnte gar nicht anders, aber dennoch hielt sie etwas zurück, den Code einfach wieder zu scannen. Dutzende Fragen nagten an ihr. Schlussendlich gewann aber die Neugier.
Smartphone unter den Eimer, scannen, dekodieren.
Keine neue Nachricht. Etwas wurde geladen.
In ihr rumorte es, was nicht nur am vom Wein von gestern lag.
Gähnend langsam öffnete sich eine Seite. Ein Loadscreen mit Prozentanzeige in Form eines weißen Kaninchens.
Unwillkürlich biss sie sich auf die Unterlippe.
Auf dem Touchscreen explodierten Farben. Basslastige Musik ertönte aus dem kleinen Lautsprecher.
Videos und Bilder von tanzenden Leuten.
Texte in Neofarben.
Es dauerte einige Augenblicke bis der Input verarbeitet war.
"Scheiße, wie geil ist das den?", keuchte sie.
Der neuste Trend aus den Staaten. Geotracked Secret Parties. GSP. Ohne große Ankündigung oder Werbung wurden an geheimen Orten absolute Insider Partys veranstaltet, an denen namenhafte DJs, Showacts und VIPs teilnahmen. Völlig unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die einzige Art als Gast reinzukommen, war es die Hinweise zu finden und von den Organisatoren dann eingeladen zu werden.
Mehrere Seiten erklärten die Exklusivität der Partys. Wie unglaublich intensiv die Atmosphäre war. Ein Event, dass man nie mehr vergessen würde.
Und sie konnte nun daran teilnehmen.
Sie musste nur noch auf den OK Button drücken.
Aufgeregt steckte sie das Smartphone weg. Konnte es wirklich wahr sein, dass sie auf etwas so außergewöhnliches gestoßen war. Im Netz gab es die verrücktesten Methoden abgedrehte Partys zu organisieren.
Auf dem Rückweg schaute sie immer wieder nach. Lass alles durch.
Zuhause sofort auf die Couch. Alles erneut durchlesen.
Es war einfach zu unglaublich gut.
Sie drückte OK.
Plötzlich wurde alles schwarz.
"Nein!", schrie sie panisch.
Hektisch drückte sie auf dem Touchscreen herum. Alles funktionierte, aber die Seite war weg.
"Bitte, bitte nein. Scheiße!"
Das Smartphone wurde geschüttelt, angeschrien, angefleht.
Keine Reaktion.
Frustriert legte sie sich auf die Couch.
"Alles nur ein verkackter Fake."
Benachrichtigungston eine neue Nachricht.
Beinah Augenblicklich lag das Gerät wieder in ihren Händen. Auf dem Screen eine schlichte Nachricht.
Senden Sie uns ein Bild zu, damit wir entscheiden können ob Sie geeignet sind!
"Höh! Ihr seid ja wohl..."
Grinsend schüttelte Sie den Kopf. Das war beinah abzusehen gewesen. Gut das die Dusche eh noch aufgesucht werden musste.
Eine knappe Stunde später wurde die Kamera auf die frisch gewaschenen Haare ausgerichtet. Dezente Schminke, ein freundliches Lächeln. Bloß kein Dukeface! Klick. Versendet. Fertig.
Minuten später kam eine neue Nachricht.
Aufnahme in der Totalen, nicht nur den Kopf!
Meckernd ging sie zum Kleiderschrank. Shirt, Leggins, nichts besonderes, aber figurbetont. Ab vor den Spiegel, schnell ein Bild und abgesendet in den Äther.
Wenige Augenblicke kam die Antwort.
Wir werden Sie in drei Tagen über unser Urteil unterrichten!
"Was! Drei Tage, fickt Euch!", schrie sie lauthals.
Wütend starrte sie das Smartphone an. Erst der Dauerterror, jetzt drei Tage waren. Zornig tippte sie auf dem Touchscreen herum. Suchte eine Möglichkeit den Veranstalter zu kontaktieren. Doch wieder war alles weg. Keine Spur. Keine Nachricht. Nichts.
Wut. Frust. Resignation.
Selbst die Hoffnung, nach einer Stunde käme wieder eine Nachricht, wurde zerschlagen. Ganz offensichtlich meinten Sie es ernst. Es gab keine effektive Ablenkung. Egal was sie tat, Minuten später war sie wieder dabei einen Weg zu suchen, Kontakt aufzunehmen. Um Mitternacht fiel sie dann ins Bett. Es war ein unruhiger Schlaf.
-
"Junge Frau, hallo!"
"Äh, was?"
"Darf ich bestellen?", fragte die Frau auf der anderen Seite der Theke.
"Ja sicher, klar. Entschuldigung. Was darf es sein?"
Während ihr gegenüber vier Brötchen orderte, steckte sie das Smartphone weg. Die drückende Hitze in der kleinen Bäckereifiliale wurde durch ihre enge nur begünstigt. Das die Brötchen teilweise noch heiß wie Kohlen waren, sorgte für noch mehr Wohlbefinden. Sie war froh den Job zu haben, aber er war alles andere als ein Traum.
"Hey, was ist los?", fragte ihre Kollegin.
"Hm, wie? Was soll los sein?"
"Du guckst alle zehn Sekunden auf das Ding. Hast nen neuen?"
Grinsend sah sie zu ihr hinüber.
"Was? Nein, quatsch."
"Was dann?"
"Nichts, weiß auch nicht", sagte sie abwehrend.
Es hatte schon bessere und überzeugendere Ausreden von ihr gegeben.
"Ok, gut", ihre Kollegin nickte "Verstehe. Nur wenn es nichts ist, dann lass es. Wenn die Chefin dich damit sieht, reißt sie dir den Kopf ab.
Den Rat zur Kenntnis nehmend holte sie das Smartphone hervor. Ein Timer zeigte ihr die Stunden bis zur ersehnten Antwort an. Die nächsten Tage würden quälend lang werden.
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00:04:22 zeigte der Timer an. Gespannt hockte sie auf der Couch. Den Blick auf das Smartphone fixiert, dass auf selbiger lag. Ihre Hände waren viel zu verschwitzt. Nicht das es ihr am Ende ausrutschte, wenn die erhoffte Nachricht kam.
Stress und Anspannung der letzten Tage fielen endlich von ihr ab. Der Streit mit der Chefin, dass Unverständnis der Freunde. Alles vorbei.
Endlich sprang der Timer auf 00:00:00.
Nichts passierte.
Vielleicht war er falsch eingestellt. Ein paar Sekunden zur früh.
Stur sah sie das Smartphone an. Aus Sekunden wurden Minuten, dann Stunden. Zweifel nagten an ihr. Entsprach sie nicht der Anforderung. Nicht attraktiv genug, für so eine Party.
Frustriert sprang sie auf.
Niemals, sie wusste was sie zu bieten hatte. Die Idioten ließen sich einfach nur zuviel Zeit. Nahmen ihren Job nicht ernst. Nervös tigerte sie auf und ab.
Benachrichtigungston. Neue Nachricht.
Mit rasendem Herz griff sie das Smartphone, öffnete die Nachricht.
Angenommen.
Mit an Hysterie grenzender Freude sprang sie durch die Wohnung. Sie war so aufgeputscht, dass sie erst nach mehreren Minuten die andere Nachricht sah.
Begierig wurde diese geöffnet. Ihre Wangen röteten sich beim lesen.
Es war die Beschreibung des Mottos, unter dem die Party stand mitsamt mehreren Links zu Amazon. Die Organisatoren hatten etwas ausgesucht, das sie tragen musste. Ein Outfit das sie so nie in Betracht ziehen würde. Auch wenn es aufregend aussah.
Außerdem stand dort wann die Party stattfand. In knapp drei Tagen.
"Verdammt", sie knirschte mit den Zähnen.
Glücklicherweise konnten alle Teile als Express Versand bestellt werden. Das war teurer, aber die paar Euro würden sich lohnen. Ein paar Klicks später war alles geordert. Sie spürte, wie sie dabei vor Aufregung bebte.
Die Gästeliste war mit bekannt gegeben worden. Große Namen. Garanten für etwas Außergewöhnliches. Aus sicherheitstechnischen Gründen war der Ort aber noch nicht bekannt. Er könnte an nicht Eingeladene ausgeplaudert werden. Daher kam die Nachricht damit erst eine Stunde vor Beginn um 22.00 Uhr.
Sie konnte es kaum erwarten.
Aufgerissene Pakte lagen auf einem Haufen herum. Darum kümmerte sie sich später. Erst einmal musste sie ihr Outfit betrachtet. Zugegeben, äußerst Verrucht, aber mit Stil und schon heiß. Sie grinste zufrieden, während sie das Selfie machte. Einen Klick später war es zu den Organisatoren unterwegs.
Selbstverständlich wollten diese ein Bild von ihr, damit sie wussten, dass sie das verlangte Kostüm besaß.
Minuten später kam die Antwort.
Ausgezeichnet! Sie werden eine Stunde vorher über die Location Infomiert. Ihr Name auf der Gästeliste ist Black Cat.
-
Kein normaler Mensch würde sich zu der Location verirren, zu der man sie geleitet hat. Das war ihr sofort klar. Ein alter Bunker, in einem ebenso alten und vor allem verlassenen Industriepark außerhalb der Stadt. Befremdlich und unheimlich, aber so passend zu einer Industrial Party.
Nirgends war jemand zu sehen.
Nicht mal Autos.
Sie hoffte schwer, dass es in Ordnung war ihren kleinen Wagen vor dem Club abzustellen. Nicht das sie damit was verriet.
Vorsichtig stakste sie auf den viel zu hohen Lackstiefeln zu dem Eingang, der ihr als Bild zugesendet worden war.
Eine offene Stahltür. Keine Security.
Keine anderen Partygäste.
Von innen konnte man Bass Wummern hören.
"Ganz ruhig", sagte sie zu sich selbst.
Noch einmal tief eingeatmet, dass verfluchte Lackkoresette drückte ihr die Luft ab, dann ging es rein.
Der erste Fuß war über die Schwelle gesetzt, da erklang das Smartphone.
Geradeaus!
Verdutzt sah sie ihr Handy an.
"Ok, dass ist echt ein wenig scary Leute."
Sie ging vorwärts. Wenige Schritte später kam eine neue Nachricht.
Rechts!
Schulterzuckend folgte sie der Anweisung. Der Bass wurde lauter.
Starkes Flackern der Deckenbeleuchtung schreckte sie auf. Sie blieb stehen. Der Gang war dreckig, stank. Wände voller Graffitis.
Eine neue Nachricht ging ein.
Weiter!
"Ernsthaft Leute, arbeitet an Eurem Tonfall", sagte sie laut.
Dennoch ging sie weiter. Vor ihr war ein Korridor mit mehreren Türen.
Wieder erhielt sie eine Anweisung.
Zweite Tür links!
"Ich hoffe, dass da endlich einer mit der Gästeliste ist, langsam reicht mir das hier", sie schluckte schwer. Das Korsette drückte.
Ohne zu zögern ging sie in den Raum rein.
In einer Ecke stand eine alte Musikanlage, aus der unentwegt der basslatige Sound dröhnte. In der Mitte stand ein seltsamer, eiserner Stuhl mit Armlehnen.
"Was zum?"
Wieder meldetet sich ihr Smartphone.
Hinsetzen!
"Am Arsch, ich glaub es reicht. Was soll das?", rief sie wütend.
Keine Antwort. Nur noch mehr Nachrichten.
Im Sekundenstakato kam dieselbe Aufforderung.
Hinsetzen!
"Gut ja, ich mach es ja!", brüllte sie wütend, "wenn das irgendein Scherz sein soll oder sowas, ernsthaft. Denkt mal über einen Psychiater nach!"
Schnaubend nahm sie Platz. Sekunden später kamen wieder neue Nachrichten. Sie versuchte sie zu ignorieren. Ohne Erfolg.
Anschnallen!
Mehrere Nachrichten vergingen, bis sie die Lederriemen an den Armlehnen sah. Der Strom riss nicht ab. Widerwillig, wütend legte sie ihren linken Arm in die Fessel. Schloss sie.
"Zufrieden?!", brüllte sie.
Die Obszönität sparte sie sich.
Plötzlich war da Stille.
Keine Musik, keine Nachrichten mehr.
Ihr Smartphone machte irgendwas. Deinstallierte etwas. Nervös tippte sie drauf herum. Ohne Erfolg. Alles war wieder weg. Angestrengt ging sie alle Verläufe und Verzeichnisse durch. Nichts.
Klackend schloss sich die Tür. Sie war nicht mehr alleine.
Mit weit aufgerissenen Augen sah sie den Mann an. Als er die Ledertasche mit den medizinischen Geräten ausrollte, fing sie an zu schreien.
Ihr wurde die Tragweite ihres Unternehmens schlagartig bewusst. Vor allem aber die Endgültigkeit dessen, was sie nun erwartete.
Er war zufrieden.
Er würde sich Zeit lassen.
Er würde genießen.
Die Aufkleber und Webeinträge konnte er in ein paar Tagen entfernen, wenn er mit ihr fertig war. Der Umzug in eine andere Stadt war schon initiiert. Als IT-Programmierer war man flexibel.
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