Der lachende Dritte

 

 

 

Niemand zuckte mehr zusammen. Trotz des Motordröhnens, dass den Innenraum der Chimäre erfüllte, konnte man immer wieder den dumpfen Wiederhall der fernen Explosionen hören. Manchmal spürte man sogar die Wellen der Explosionen, die durch den Boden wanderten, deren Ursache schwere Geschütze und Kanonen waren, die ganze Landstriche in Flammen aufgehen ließen.

 

"Sind wir jetzt Verräter?", fragte eine krächzende Stimme.

 

"Nein, wir sind Feiglinge."

 

"Ist das nicht das selbe?"

 

"Halt doch einfach das Maul", brummte der antwortende Soldat.

 

"Aber?"

 

"Wir sind Lebende!", rief jemand von vorne in die Kabine, "Und das zählt. Nichts anderes! Vom Rest kann man das nicht behaupten."

 

"Klar Sergeant, verstehe", der hagere Mann mit der krächzenden Stimme nickte.

 

"Aber Sir, Vorik hat recht. Zumindest wenn uns ein Kommissar aufgreift, wird der das genau so sehen."

 

"Hursi ", begann der Sergeant, "und genau da kommen diese Xenos ins Spiel. Den ich bin mir sicher, dass die verkackten Blauhäute jedes dieser Mützentragenden Arschlöcher umnieten werden, weil die so hervorragende Zielscheiben sind."

 

Gedämpftes Lachen kam auf.

 

"Die werden jeden töten", fügte Vorik lachend hinzu.

 

Für den Rest des Zuges klang sein Lachen allerdings eine Spur zu manisch.

 

Jeder im Zug hatte gesehen was sie erwarten würde, wären sich nicht auf die Idee gekommen eine Chimäre zu stehlen. Vor drei Wochen begann der Angriff der Tau, die wie aus dem Nichts kamen. Binnen weniger Tage waren gut sechzig Prozent der lokalen imperialen Streitkräfte besiegt worden. Beinah im Handstreich waren wichtige Stellungen und Siedlungen erobert worden. Die Moral unter den Soldaten konnte nur durch den exzessiven Verbrauch von Boltermunition Seitens des Kommissariats aufrechterhalten werden. Aber als Sergeant Einjars Zug sich der Front nährte, reichte nicht Mal das mehr aus.

 

Soldaten und Panzer brandeten gegen ein hellleuchtendes Feuer, dass schlimmer als die erschreckenste Vorstellung des Warps selbst leuchten musste. Der Tod war beschlossene Sache.

 

Die Fahnenflucht sah dagegen wie eine rosige Zukunft aus.

 

"Aber wohin fahren wir nun?", brummte Hursi.

 

"Wenn wir diesen elenden Wald durchquert haben, weiter Richtung Pektische Ebene."

 

"Aber da gibt es Nichts, Sir."

 

"Genau deshalb."

 

"Und dann?", bohrte Hursi nach.

 

"Hursi?", konterte Einjar.

 

"Ja Sir?"

 

"Sind ihnen die Eier abgefallen oder warum fragen Sie soviel wie eine Frau?"

 

Dieses mal war das Lachen nicht mehr gedämpft. Einige Sekunden vergingen, da die Anspannung vom Trupp abgefallen war. Die Männer konnten durchatmen.

 

"Vorsicht, wir durchbrechen einen umgefallenen Baum!", rief Einjar.

 

Mit voller Geschwindigkeit preschte die Chimäre durch einen besonders großen, umgekippten Baum. Das Holz zerbarst in tausend Stücke, als die massive, stählerne Raumschaufel darauf traf. Einige der größeren Teile flogen umher wie Geschosse. Sehr zum Leidwesen des Shas´ui, der gerade seinen Helm abgenommen hatte. Sein Kopf wurde einfach zerrissen.

 

"Scheiße, Feindkontakt!", brüllte Einjar.

 

Der brutale Ruck der Vollbremsung warf alle Insassen ein gutes Stück nach vorne. Stöhnend prallten sie gegeneinander. Die Benommenheit wurde vom beinah sofort einsetzenden Geräusch hinweggefegt, dass Energiewaffenfeuer erzeugte, wenn es auf Panzerung niederging. Funken schlugen in den Innenraum.

 

"Was machen die hier?", brüllte Vorik panisch.

 

"Schnauze, an die Lasergewehre! Hursi, Flammenwerfen bereit machen!", schrie Einjar.

 

Von draußen erklang ein wiederliches, schmatzendes Geräusch. Der schwere Flammenwerfer entlud sein loderendes Promethium in die Tau vor sich.

 

Einer der Soldaten drückte das Dachluk auf, damit Hursi den Flammenwerfer hinaus halten konnte. Für einen Augenblick war sein Kopf im Freien. Sein zuckender Körper fiel ohne ihn auf den Boden der Chimäre.

 

"Scheiß Idee, echt, ganz beschissene Idee!", rief Hursi laut, während er den rauchenden Halsstumpf betrachtete.

 

Zischendes Lasergewehrfeuer erklang, als die Soldaten durch die LG-Reihen Feuer gaben. Donnerendes Bolterfeuer bildete einen tiefen Kontrast.

 

"Mindestens zwei Trupps, im freien, keine Deckung, nicht vorbereitet", rief Einjar ruhig.

 

"Wir haben sie kalt erwischt!", sagte ein anderer.

 

Plötzlich stoben Funken in die Kabine. Wo eben noch eine Panzerplatte war, glühte nun ein Loch.

 

"Ich geb noch zwei Salven, dann geht ihr raus und mäht sie nieder bevor sie alles durchlöchert haben!", befahl Einjar.

 

Alle nickte. Eine gefühlte Ewigkeit lang donnerte der turmmontiere schwere Bolter. Von draussen drang der Geruch von verbranntem Fleisch und Holz in den Innenraum des Transporters. Schreie waren zu hören.

 

Dann, für einen Herzschlag lang, Stille.

 

Der dumpfe Knall, den die Rampe beim niedergehen erzeugte zertrümmerte diese.

 

"Los, los, los!", brüllte Einjar.

 

Die Soldaten des Zugs stürmten aus der Chimäre. Als der dritte draußen war, lag der erste schon auf dem Boden. Mündungsfeuer tauchte die kleine Lichtung, auf der sie gelandet waren, in verstörendes Licht, dass scharfe, bizzare Schatten warf. Bolterprojektile glitten wir zornige Blitze durch die Luft, Lasergewehre zischten.

 

Sekunden später war alles vorbei.

 

Hursi und drei andere standen noch, der Rest war tot. Inbegriffen der Tau. Es dauerte einen Moment bis die Menschen das verstanden hatten.

 

"Haha, Scheiße Vorik...", setzte Hursi an, doch gnadenloses Fusionsfeuer unterbrach ihn.

 

Wabernde Schemen, die sich am Rand des Waldes versteckten, feuerten auf den Rest des Trupps. Vor Zorn brüllend hielt Hursi seinen Flammenwerfer in die Richtung, aus der das Feuer kam und hielt solange drauf, bis die segenden Flammen Holz, Pflanzen, Fleisch und Xenotechnologie zu Asche und Schlacke verbrannt hatten.

 

"Wichser", keuchte er.

 

Einjar stand in der Ausstiegsluke der Chimäre. Ungläublig betrachtete er das Szenario.

 

"Tja Sir, dass war wohl nichts", rief Hursi.

 

"Scheiße, aber immerhin konnten wir noch einen Voxspruch absetzen."

 

"Sir?", Hursi sah seinen Sergeant fragend an.

 

"Ja, dass die Tau auch hier lauern und was vorbereiten", sagte Einjar beinah abwesend.

 

"Sir ich...", Hursi stöhnte.

 

Etwas steckte auf einmal in seiner Brust. Ein wunderschöner, metallischer Gegenstand, der wie ein Stern aussah und definitiv nicht dorthin gehörte. Hursi betrachtete das Objekt voller Argwohn, während er zu Boden ging. Einjar war da schon tot.

 

 

 

"Shas´o, wir haben den Kontakt zu Posten Zwei-Fünf verloren. Letzte Nachricht war Feindkontakt."

 

Shas´o Von´wra nickte kurz. Mit ruhigem Blick analysierte er die Informationen, die der Holographische Karte zu entnehmen waren. Schnell war der Schluss gezogen, weshalb der Kontakt verloren sein musste. Er lächelte zufrieden.

 

"Die Gue´la wollen uns also wirklich in die Flanke fallen. Gerissen, wenn man ihre Kriegsführung bedenkt. Respektabel und willkommen."

 

Die anwesenden Soldaten und Offiziere sahen ihn an.

 

"Laut den Daten, war es nur ein einzelner Transporter, Shas´o.", sagte einer der anderen Offiziere.

 

"Vielleicht haben sie sich verirrt?"

 

"Nein, dass glaube ich nicht. Die Gue´la sind dafür zu straf organisiert. Außerdem würden Sie niemals alleine handeln, sondern nur in ihren gewaltigen Armeen."

 

"Aber keinen anderem Spähtrupp ist etwas aufgefallen."

 

"Und dennoch kam dieses Fahrzeug wie aus dem Nichts, oder?"

 

Alle anderen mussten zustimmen. Obwohl mehrere andere Vorposten und Späher dort stationiert waren, ist keinem der feindlichen Transporter aufgefallen. Und da Tautechnologie nie versagte.

 

"Wir alle wissen, dass unser Feind über Fähigkeiten verfügt, die wir nicht verstehen", sprach Shas´o Von´wra die Befürchtung aller aus," daher müssen wir dieses Zeichen zu deuten wissen."

 

Binnen weniger Sekunden wurden Befehle erteilt und Truppen verschoben. Niemand wagte einen Zweifel auszusprechen, als wichtige Crisis Teams und Feuerkrieger Einheiten in den Wald verlegt wurden.

 

"Wir werden ihren Flankenangriff mit einem einzigen, gezielten Schlag vernichten und sie dann selbst von der Flanke nehmen!", schloss Shas´o Von´wra den kurze Besprechung ab.

 

Niemand wollte von einer durch die unverständlichen, psionischen Mächte der Menschen unsichtbar gemachten Armee überrascht werden. Zwar bedeutete dies, einen Teil der Front massiv zu schwächen, aber der folgende Gegenangriff würde den Feind dafür vernichten. Die Truppen musste nur lange genug halten. Und Shas´o Von´wra sendete seine besten Crisis Teams aus, die garantiert nicht lange brauchen würden.

 

 

 

Die abbeorderten Tau Einheiten kamen beinah zeitgleich mit dem an, was das Imperium in den Wald gesendet hatte. In diesem Punkt war Shas´o Von´wras Plan aufgegangen. Nur leider kam etwas an, dass die Tau nicht erwarteten.

 

Durch einige Voxsprüche alarmiert, beobachtete die imperiale Aufklärung die Bewegungen der Tau haargenau. Mitten im Kampf bewegten sich Einheiten im Frontverlauf plötzlich von ihren wichtigen Positionen weg. Man ging davon aus, um Verluste zu kompensieren, aber als man auffing, dass sich etwas im nahen Wald westlich der Frontlinie zutragen musste, wurde schnell ein anderer Gedanke gefasst. Die imperialen Linien waren eh schon überstrapaziert, ein Flankenangriff würde einem Genickbruch gleichkommen. Bedauerlicherweise konnte man auch keine Einheiten abziehen, daher tat das Imperium das einzige, was möglich war.

 

Massives Basiliskenfeuer ebnete den Wald ein.

 

Zur Überraschung des Imperiums, erhöhte der Wegfall des Artelleriefeuers nicht den Druck auf die Front, sondern die Tau schienen auf einmal selbst Probleme zu haben. Ohne zu zögern nutze das Imperium diese Gelegenheit.

 

 

 

Mit endloser Ruhe betrachtete er, wie die gewaltige Panzerformation durch die Reihen der Tau brach. Im Hintergrund des Schlachtfeldes loderte ein Wald in Flammen.

 

"Alles ist so eingetroffen, wie ihr es sagtet."

 

"Natürlich."

 

"Sollen wir noch etwas tun?"

 

"Nein unsere Kammern sind sicher."

 

Ohne einen weiteren Blick auf das Schlachtfeld zu werfen, wandten sich der Eldar Runenleser und der Ranger ab.

 

Schon seit dem Beginn ihrer Expansion in diesen Teil der Galaxis, beobachteten die Eldar die Tau und waren zu dem Schluss gekommen, dass diese hier nichts verloren hatten. Es gab Welten, die in ihren Einflussbereich hätten geraten können, auf denen es Geheimnisse der Eldar gab, die nicht in die Finger einer so jungen und naiven Spezies gehörten.

 

"Und ihr seid sicher, dass dies reicht?", fragte der Ranger.

 

"Ja. Das Imperium hat seine Lücke gefunden, nun wird es durchbrechen, die Tau schlagen und danach aus diesem Sektor vertreiben. Sie werden diesen Sieg als Ansporn nutzen, nur um danach wieder in ihre impertinente Selbstgefälligkeit zu verfallen."

 

"Verstehe."

 

Die Eldar studierten den den Kommandanten der Tau sorgfälltig, so wussten sie um seine Angst vor psionisch unterstützten Überfällen oder Hinterhalten. Es war ein leichtes gewesen, ein paar geeignete Menschen zu finden, die unwissentlich den Plan des Runenlesers ausführten, natürlich mir Hilfe ebend dieser psionischen Mächte, die Angst des Shas´o zu schürren und ihn damit zu einem Fehler zu verleiten.

 

"Die Tau sind in ihrer Art beinah Unterhaltsam", sagte der Runenleser.

 

"Sie verlassen sich so sehr auf ihre Technologie und ihre Pläne, dass es ihnen an dem fehlt, was sie ikonisch verehren", sagte der Ranger trocken.

 

"Ja, Weitsicht kommt durch Erfahrung, an der es ihnen noch so sehr mangelt. Wenn sie Glück haben, überleben sie als Spezies lange genug um zumindest das zu erkennen."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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