Der Damm

 

Das Zwielicht der Dämmerung lag über dem nebelverhangenem Tal, dessen feuchter grauer Schleicher alles zu verschlucken schien. Die trübe Luft gab nur widerwillig die Sicht auf den kleinen Weiler frei, der sich auf einer Insel befand die inmitten des Flusses lag, der dem Gebiet seinen Namen verlieh. Dem Talabec. Einst eine Lebensader dieses Landes, das voller fruchtbarer Äcker und Weiden war. So war er nun ein stinkender Bach der von den Mächten des Chaos verpestet wurde  der dem Land das Leben entzog. Die verlassenen Häuser des kleinen Weilers sprachen Zeugnis dafür. Das dumpfe Klappern der Fensterläden war das einzige Geräusch das an die Ohren der kleinen Gruppe drang, die langsam die Mitte des Ortes betrat. Kein Vogelgezwitscher, keine Tierlaute und vor allem nichts was auf Menschen schließen ließ. Nur verfallene Häuser, verdorbenes Korn und ein widerlicher Gestank.

„Dieser ganze Ort stinkt nach Chaos.“ sagte Friedrand, seines Zeichens Priester des Sigmar, und verstärkte den Griff um seinen runenverzierten Hammer.

Niemand sonst ergriff das Wort, sondern jeder in der Gruppe richtete seinen Blick nach vorne, in Richtung des großen Dammes der ein gutes Stück hinter dem Weiler lag. Langsam schälten sich dessen Konturen aus dem Nebel, der von der Sonne verdrängt wurde, und der Blick wurde freigegeben auf das abscheuliche Ding, welches in der Mitte des Bauwerkes aufragte. Ein gewundenes Etwas aus Metall, überzogen mit Dornen die sich in abstrakten Winkeln verbogen und von einem unheiligen roten Leuchten umgeben waren. Ein Artefakt des Chaos, dessen Magie das Wasser vergiftete, dass durch den Damm floss.

„Es wird Zeit dieses Land zu reinigen.“ um seine Worte zu verdeutlichen ließ Humbertus, ein großgewachsener Feuermagier, seinen Stab auflodern und eine Flamme in den Himmel steigen.

„Lasst diese Spielchen, Magier!“ zischte eine raue Stimme von hinten.

„Wollt ihr mir etwas sagen, Gerrold?“ Humbertus drehte sich um und sah in das vernarbte Gesicht des Mannes, der ihn so forsch ermahnte hatte. Er war ein Stück kleiner als der Feuermagier, aber dank seines Hutes erschien dies nicht so offensichtlich. Die verschlissene Kleidung die er trug, war mit einigen goldenen Schädel und Adler Symbolen verziert, die allerdings schon bessere Tage gesehen zu haben schienen. Sein ganzer Stolz prangte auf seiner Brust. Zwei bronzefarbene Schießeisen, die ihn als Hexenjäger auszeichneten. Allerdings hatte der Mann kaum etwas  Besseres an sich, als eben seine Waffen. Den ganzen Weg über schon legte Gerrold eine Laune an den Tag, die in keinster Weise besser war als das Wetter und immer wieder geriet er mit den anderen in der Gruppe aneinander. Dauernd gab es Ermahnungen seinerseits.

„Ja das will ich, eure Erhabenheit.“ Gerrold verbarg seinen Spot nicht „Denkt ihr nicht, dass euer kleiner Feuerzauber in dieser grauen Suppe wie ein Leuchtsignal hervorsticht? Wenn sich Feinde in diesem Tal befinden, wissen sie nun wo wir sind.“

„Sollen sie es wissen, dann sparen wir uns die Mühe sie zu suchen.“ ergriff Angorim, ein Zwerg mit einem großen Schießeisen in den Händen, das Wort.

Gerrold schüttelte nur den Kopf, durch das dicke Narbengeflecht in seinem Gesicht war es unmöglich zu schätzen, was ihm durch selbigen ging.

Friedrand betrachtete die beiden Männer still. Gerrold hatte nicht ganz unrecht musste er einräumen. Der Mann hatte bisher nicht viel gesagt, außer eben seinen meist unfreundlichen Bemerkungen, aber wenn er etwas sagte zeugte dies von Wissen, dass man nur in der Schlacht erlangt haben konnte. Viele der Mitglieder in ihrem kleinen Kampftrupp, vor allem jene aus den Landen der Menschen, hatten bei der Abreise aus dem Heerlager des Imperiums nur wenige Schlachten geschlagen. Friedrand inbegriffen. Daher mangelte es ihnen an Erfahrung, aber nicht an Motivation und Glaube. Es war schon ein seltsamer Umstand der sie zusammenführte, als bunter Haufen der sich kaum kannte, aber was war in diesen Zeiten schon normal. Der Kommandant des imperialen Heerlagers hatte berichtet, dass der Talabec Damm in die Hände des Feindes gefallen war. Friedrand brauchte nicht mehr zu wissen und begann sofort damit, tapfere Männer und Frauen, die in dem Lager verweilten, um sich zu scharren um sie im Namen Sigmars und des Imperators zu Ruhm und Ehre zu führen. Grade als er über diese Begebenheit nachdenken wollte, riss ihn ein Schrei aus den Gedanken.

„Eh, Mänschenz!“  ein hässliches, kleines grünes Ding stand auf der Brücke, die Links von ihnen aus dem Ort führte. Neben dem in Lumpen gehüllten Grünling, war ein noch hässlicheres rotes Ding, das nur aus Maul und Beinen zu bestehen schien.

Bevor Friedrand etwas sagen konnte schoss ein Pfeil an ihm vorbei und ließ das rote Etwas grade zu platzen. Der Grünling ergriff schreiend die Flucht. Ein kurzer Blick zur Seite bestätigte seine Vermutung. Fanadiel, eine Elfe aus dem fernen Ulthuan, war die Schützin gewesen. Einen Augenblick lang verhaftete sein Augenmerk auf der Elfe, deren Talente mit dem Bogen so groß waren wie ihre Schönheit. Ihr langes blondes Haar, ihre makellose Haut und die Eleganz in jeder ihrer Bewegungen fesselten ihn grade zu. Er räuspert sich um sich aus seinen Gedanken zu reißen, dass war der falsche Ort für kindische Schwärmereien.

„Für Sigmar!“ brüllte er, hob seinen Streithammer und rannte dem Grünling hinterher. Angorim, Fanadiel, Humbertus und einige andere der Mitstreiter waren schnell an seiner Seite.  Gerrold hingegen blieb hinten und schrie ihnen etwas nach.

„Bleibt hier! Bleibt zusammen ihren Narren!“ Kaum einer folgte seinem Ruf.

Der Grünling gab gutes Fersengeld und schrie anscheinend lauthals Verwünschungen aus. Angorim schoss mehrere male aus dem Laufen heraus, verfehlte jedoch knapp.

„Schusswaffen, so brachial.“ sagte Fanadiel mit einem Hauch von Verhöhnung in der Stimme. Sie blieb stehen, legte in einer fließenden Bewegung einen Pfeil an und schoss. Ein gellender Schrei des Grünlings wurde ihr als Quittung dargelegt.

„Pah, Glück!“ schnaubte der Zwerg nur.

Friedrand sah zu dem Grünling, der einige Meter vor ihnen auf dem Boden lag und dessen rechtes Bein von einem Pfeil durchbohrt war. Er lächelte, wandte sich der Elfe zu, die ihren Bogen beiseite nahm und ebenfalls lächelte. Ein wärmender Anblick in diesen Zeiten, wäre nicht die massive Wand aus grünen Muskeln hinter ihr, die grade aus dem Gebüsch hervor preschte.

Bevor Friedrand verstand was geschah, verwandelte sich Fanadiel von einer wunderschönen Elfe, in eine komprimierte Masse aus Fleisch und Knochen, welche durch einen riesigen Hammer in den Händen des Orks geformt wurde um dann durch den immensen Druck zu allen Seiten weg zu  spritzen. Einzig ihr Bogen blieb unversehrt. Der Ork hob den Hammer wieder hoch und fleischiger Brei tropfte von ihm herab. Erst der Schrei des Orks riss Friedrand wieder in die Realität zurück.

„Waaaaagh!“

Wie aus dem Nichts stürmten die Krieger der Zerstörung aus dem Gebüsch hervor, dass an der Seite des Weges lag. Abscheuliche Chaosmutanten, Magier auf ihren fliegenden Scheiben, Orks und sogar eine Magierin der Dunkelelfen konnte Friedrand ausmachen. Wutentbrannt nahm er seinen Streithammer in die Hände und richtete ein Stoßgebet an Sigmar, dass dieser seinen Zorn und seine Waffe leiten möge.

Die restlichen Mitstreiter waren schon längst im Kampf. Angorim gab einen dröhnenden Schuss aus seiner Waffe ab und holte damit einen Magus von seiner Flugscheibe. Wie von einer unsichtbaren Hand getroffen fiel die in finsteres blau gekleidete Person von der Scheibe und blieb reglos liegen. Der große Ork, der Fanadiel zuvor getötet hatte, stürmte mit einem gurturallen Schrei auf den Zwerg los. Sofort machte Angorim ihn als Ziel aus und Schoss. Einmal, zweimal, dreimal. Jeder Schuss traf, doch der Ork stürmte unbeirrt auf den Zwerg zu, holte aus und schlug mit solcher Wucht gegen Angorim, dass seine Waffe zertrümmert wurde und er selbst ein gutes Stück nach hinten flog. Brüllend rannte der Ork dem Zwerg nach, der sich blutverschmiert aus einer Lache erhob und seine Handaxt von der Seite nahm. Doch sein starkes Taumeln ließ darauf schließen, dass er alles andere als kampfbereit war.

Humbertus, der sich gerühmt hatte ganze Heerscharen durch seinen Flammenatem vernichten zu können, war damit beschäftigt magisches Eis von einigen der Mitstreiter zu schmelzen. Es war das Werk der finsteren Zauberin der Dunkelelfen. Ihre Macht hatte die Kämpfer einfach festfrieren lassen. Grade als der Feuermagier den Letzten befreite und der Zauberin einen brennenden Gruß zukommen lassen wollte, traf ein Pfeil ihn in die rechte Brustseite. Ein dunkler Blutfleck breitete sich um den Pfeil aus, während Humbertus keuchend in die Knie ging.

Friedrand erkannte den Ernst der Lage. Anscheinend waren sie ausgerechnet in dem Moment diesem Grünling gefolgt, als die Horden des Chaos das Tal betraten, oder aber, und dies war die schlimmere Möglichkeit, sie waren in eine Falle getappt. Wie dem auch sei, er konnte die brennende Kraft in seinem Inneren spüren. Die ihn stärkte und mit Mut erfüllte. Seine Gefährten waren angeschlagen, aber nicht besiegt und durch die Macht Sigmars würde er ihnen neuen Mut schenken, ihre geschundenen Körper mit neuer Kraft erfüllen, auf das sie siegreich sein würden. Friedrand hob seinen Streithammer und wurde schlagartig von einem quälenden Schmerz durchfahren. Irgendwas stach in seinen Rücken, presste ihm die Luft aus der Lunge. Der Schmerz wurde größer, als er erneut einen Stich verspürte. Schnell, erbarmungslos und zielsicher drang kaltes Metall in seinen Körper. Doch er verzagte nicht, sondern drehte sich voller Zorn um, bereit seinem heimtückischen Angreifer Litaneien der Wut ins Gesicht zu schreien. Er sah seinen Feind. Eine großgewachsene Dunkelelfe mit heller Haut, weißem Haar und einer grausamen Schönheit. Sie wirkte wie eine weiße Statur der man violetten Augen eingesetzt hatte. Friedrand wollte ansetzen ihr einen Schlag zu verpassen, doch ein schneller Hieb ihrerseits schnitt ihm die Kehle auf. Sein Mund formte Worte, aber sie blieben stumm. Blut floss aus dem Schnitt am Hals, sein Körper versagte ihm den Dienst. Es kam ihm vor, als würde er plötzlich krank werden. Eine unnatürliche Übelkeit machte sich in ihm breit. Irritiert blickte er auf den Boden nur um zusehen, dass dort bereits eine große rote Pfütze war. Unfähig die Situation zu erfassen, fiel Friedrand auf die Knie und ließ seinen Streithammer los. Er bemerkte nicht mehr wie er vorn überfiel. Er hörte nicht mehr die Schmerzensschreie, welche von seinen Gefährten kamen. Das einzige was er noch wahr nahm, waren die roten Ledersohlen der Stiefel, welche die Dunkelelfe trug die ihm heimtückisch in den Rücken gefallen war und wie sich diese immer mehr entfernten, während er nur da lag und blutete. Langsam ging das Rot in endloses Schwarz über.

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